Gegenüberstellung: Chili Seitz & Ute Diez
Eröffnung: Freitag, 23. November, 19 Uhr
Begrüßung: Anke Müffelmann, Kunstverein Haus 8 e.V.
Öffnungszeiten: Do-So: 15-18 Uhr | Der Eintritt ist frei.
Künstlergespräch & Katalogpräsentation:
Freitag, 14. Dezember, 19 Uhr
Zur Ausstellung
In der Ausstellung Gegenüberstellung von Ute Diez (*1981, Dresden) und Chili Seitz (*1977, Miltenberg) erhält ein ganz persönlicher Ost-West-Dialog einen künstlerischen Raum. Die beiden Künstlerinnen haben Erinnerungsfragmente untereinander ausgetauscht und bearbeitet. Ein künstlerisches Arbeitsbuch erscheint als Katalog. „Westbiografie“ und „Ostbiografie“ werden auf diese Weise für den Betrachter zu einer ‚künstlerischen Gemengelage’, die ihm ein hohes Maß an Differenzierungsvermögen abverlangt. Der Katalog, den man drehen muss, um ihn zu verstehen, ebenso wie der Austausch biografischer Materialien und die zur Eröffnung für zwei Räume konzipierte Performance, verwickeln den Besucher in eine endlose Erkenntnisschleife.
Die Ausstellung begann mit einer Stoffsammlung, in der die beiden Künstlerinnen strukturiert und dennoch assoziativ biografische Materialien zusammentragen. Diese gleichzeitig zeitgeschichtlich wie individualgeschichtliche Parallel-Recherche ist die Grundlage für das „basic-book“, das Buch I des Projektes. In einem zweiten Zugriff tauschten die beiden Künstlerinnen ihr biografisches Material aus und unterzogen es jeweils unterschiedlichen künstlerischen Verfahren, dies ist die Grundlage von Buch II.
Die künstlerischen Arbeiten
Auf der Grundlage eines Trabi-Schaltplans konstruierte Chili Seitz in den Galerieräumen des Atelierhauses ein dechiffrierbares Wandbild. Darin verschlüsselt finden sich darin Sentenzen aus den Bereichen „Schlagersong“, „Zeugnis“ und „Pionierbuch“. Der Besucher erhält ein Zahlenalphabet, mit dessen Hilfe er die Zahlenkombinationen entziffern kann. Es führt ihn in die Ambivalenzen des Lebens in der ehemaligen DDR, in Atmosphären, in die man sich hineingeträumt hat bzw. in Zwänge, denen man sich nicht entziehen konnte.
Chili Seitz arbeitet konzeptuell und dokumentarisch, ihre Auseinandersetzungen mit Sprache und Text münden in klare und minimalistische Setzungen. Sie schafft Optionen der Kunstbetrachtung, bietet Assoziationsräume und reflektiert Formen der Beglaubigung mit den Mitteln der Kunst. Sie selbst sagt: “Ich greife oft auf, was gegeben ist und verknüpfe es neu miteinander. Es sind Versuche die Dinge besser zu verstehen, ihnen noch näher zu kommen in ihrer Komplexität.
Ute Diez bearbeitet wiederum das Bildmaterial, das sie von Chili Seitz erhalten bzw. selbst gefunden hat: Kinderzeichungen, ein Foto aus der Kindergartenzeit, Pferdebilder, ein Gobelin mit einem Kinderporträt. Mithilfe von Leuchtmitteln spielt sie mit den Ambivalenzen von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit. Eigentlich macht Licht sichtbar. Doch das Farblicht lässt immer wieder Elemente die Kinderzeichungen aufscheinen und verschwinden. Auf Holz gezeichnete Nachkolorierungen geben dem Erinnerungsbild aus der Kindergartenzeit eine zeithistorische Atmosphäre und lassen das Geschehene als Geschichte aufscheinen. Immer wieder arbeitet Ute Diez die Themen „Besitz-Verlust-Bereicherung“ heraus, spielt mit den Bedeutungen von Heimat und Vertreibung und präpariert dabei die eigenen Klischees heraus – mit der die Frau aus dem ehemaligen Osten die Freundin aus dem Westen liebevoll, doch realistisch betrachtet.
Ute Diez arbeitet mit Schriftzeichen, Reduktionen und Setzungen, ihre Arbeiten sind ortsbezogen und fordern vom Betrachter Interaktion und Kommunikation. Dabei übersetzt sie oft politische, lyrische oder auch philosophische Texte in zeichenhafte Bilder und dringt zu neuen, materialen Wirklichkeitsebenen vor. Ute Diez beschreibt ihre Arbeitsweise selbst so: „Meine Arbeiten sind ein Versuch, der Komplexität der Welt nicht nur zu begegnen, sondern sie auch anzunehmen und sie auszuhalten, ohne sie auf reduzierte Symbolismen festzulegen und einzugrenzen.“
Die Vielfalt der eingesetzten Medien (Zeichnung, Collage, Sound, Bildprojektion) führt zu einem Austausch zweier Künstlerinnen, deren Biografien sich – wie sie selbst sagen – sehr ähneln. Beide arbeiten medial unterschiedlich, nutzen aber das Medium Text auf ganz unterschiedliche Weise. Die beiden Kieler Künstlerinnen nehmen dabei keinen direkten Vergleich ihrer Biografien vor, sondern arbeiten bewusst mit Unschärfen, Assoziationen und Fragmenten. „Westbiografie“ und „Ostbiografie“ werden auf diese Weise für den Betrachter zu einer ‚künstlerischen Gemengelage’, die ihm ein hohes Maß an Differenzierungsvermögen abverlangt.
Gefördert durch:
Ministerium für Justiz, Europa und Kultur des Landes Schleswig-Holstein Amt für Kultur und Bildung der Landeshauptstadt Kiel radius of art | Heinrich-Böll-Stiftung Schleswig-Holstein
Veranstalter: Kunstverein Haus 8 e.V.